Ein Krankenhaus mit Hühnern und Hunden und einem ganz besonderen Glückspilz ;)

Es hat mich wieder erwischt. Ich habe mich wieder mit Typhus infiziert. Schon seit ein paar Tagen hatte ich das Gefühl, dass etwas nicht stimmt. Es begann mit Kopf- und Gliederschmerzen. Erst habe ich das lange gerade sitzen dafür verantwortlich gemacht. Rücken, Nacken, Schultern, Arme taten mir weh. Zwischendurch hat mich eine Massage Therapeutin „getaped“, aber das half überhaupt nicht.
Freitag Vormittag wurde dann alles noch schlimmer. Jeder Knochen, jeder Muskel und sogar meine Haut tat weh. In der Mittagspause bin ich ausnahmsweise – für ein kleines Nickerchen – zurück in mein Zimmer. Als ich, ohne Klimaanlage, anfing zu frieren, obwohl ich total heiß war, war mir klar: Upps, das stimmt wirklich was nicht. Einen Versuch habe ich aber trotzdem noch gemacht; mich durch die pralle Sonne, die mich erst sooo schön aufgewärmt und kurz drauf „verbrannt“ hat, zum Kurs geschleppt. Aber dort konnte ich nicht mal mehr liegen, weil mit alles so weh tat.

Auf zum nächstgelegenen Krankenhaus um einen Bluttest zu machen. Rosie und Patrik, die mich im Temple ankommen sahen, haben darauf bestanden mich zu begleiten. Erst wollte ich das nicht: „Ach… das kann ich schon alleine“, „Ist ja nicht das erste Mal“. Aber sie waren nicht davon abzubringen und ich habe mich nachher so gefreut, dass ich nicht alleine war. Ein Tuk-Tuk wurde bestellt und in der Zwischenzeit wurde ich mit einer frischen Kokosnuss versorgt. Die 15 min Fahrt war ein Graus. Bei 32 Grad hatte ich nur einen Sarong zum umlegen – ich wünschte mir eine Winterjacke herbei.

Die Aufnahme erfolgte ziemlich wortkarg, denn die jungen Schwestern, sprechen und verstehen kaum Englisch – abgesehen von 3 Wörtern 😉 – die, eine der freundlichen Damen, wohl ohne viel Überlegen aussprach, als sie mein Fieberthermometer ablas: „Oh my God!“
Nicht unbedingt das was ein besorgter Patient als erstes hören möchte.40.2 Grad Fieber, Blutdruck 100/50.

Der Arzt war ruck zuck da, mir wurde Blut abgenommen und schon vorm Ergebnis des Bluttests eine Infusion angehängt um das Fieber zu senken und ich bekam Codein gegen die Schmerzen.  Es dauert nicht wirklich lange, bis sich ein etwas „verrücktes“ Lächeln auf meinem Gesicht breit machte 😉

Ich war über meine Begleiter richtig froh. Sie füllten mein Aufnahmeformular aus, besorgten mir Wasser und einer von ihnen saß immer an meiner Seite.

Nachdem die Diagnose feststand und klar war, dass ich die Nacht im Krankenhaus bleiben musste, bot mit der Arzt das VIP Zimmer an. Obwohl ich da noch nicht wusste, wo ich landen würde, wenn ich das 15 Dollar „teure“ Zimmer nicht nehmen würde – sagte ich ohne zu Zögern: „Das nehme ich“.
Ich bekam also ein Einzelzimmer mit Klimaanlage, ein Bett mit einer bequemen Matratze und einer schön bunten Chanel-Decke.

Ideal war eine eigene Toilette mit funktionierender Toilettenspülung, jedoch haben die Handwerker vergessen ein Waschbecken in den kleinen Raum einzubauen. Aber immerhin ein Eimer mit Wasser und eine Schöpfkelle. Im Gegensatz zu den 3 anderen Toiletten in dem kleinen Toilettenhäuschen gegenüber von meinem Zimmer, hatte ich tatsächlich die Super-Duper(?)-Luxus-VIP-Ausstattung. Ich bekam sogar ein Abendessen.

Vollgepumpt mit Medizin und einer Schlaftablette wachte ich nachts um 3 Uhr mit Schmerzen auf.
Ich habe mich dann mit meiner Infusion auf die Suche nach einer Schwester oder Arzt gemacht.
Die 2 anderen Räume in denen Patienten lagen waren hell erleuchtet. Das erste Zimmer war so groß wie meins, aber mit 5 Betten drin – alle belegt – alle eng beieinander. Ich glaube, die hinteren müssen über die vorderen drüber steigen um in ihr Bett zu kommen.
Der zweite Raum war größer mit etwa 10 Betten nebeneinander. Fast in jedem dieser – wenn überhaupt 1 Meter breiten – Betten lagen 2 Leute. Mütter und Väter mit ihren Kindern, aber auch 2 Jugendliche. Viele Kartons und ein Motorroller standen auch noch drin.
Bilder habe ich davon keine gemacht – obwohl es hell war, überall Licht brannte, alle geschlafen haben, aber das hat sich nicht richtig angefühlt. Es schlafen übrigens alle hier in ihren normalen Kleidern.

Einen Arzt oder eine Schwester, habe ich auf meinem Rundgang leider nicht gefunden, aber mein Zimmer kam mir später wie ein kleiner Palast vor.
Etwa um 4 Uhr früh kamen dann 2 Schwestern, die erkennbar verschlafen waren, erneuerten meine Infusion, kontrollierten meinen Blutdruck, maßen Fieber (nur noch 38.5) und gaben mir etwas gegen meine Schmerzen.
Später am Morgen war dann meine Infusionsnadel verstopft. Nachdem sie viel ausprobiert hatten, blieb wohl nur eine Lösung – die Nadel durchspülen. Also das tut wirklich richtig weh!! und mir wird grad ein bisschen übel, wenn ich nur dran denke.

Die Hühner im Hof und im großen Patientenraum, konnte ich leider nicht auf einem Bild einfangen, die waren immer zu schnell oder ich hatte mein Handy nicht griffbereit. Anders bei den Hunden – die hatten die Ruhe weg und bewegten sich auch keinen Zentimeter, wenn ich mich mit dem Infusionsständer an ihnen vorbei schlängelte.

Das WLAN reichte nicht bis zu meinem Zimmer und um ein paar Nachrichten zu schreiben, setzte ich mich in einen Gang auf die Treppenstufen. Ein Bauarbeiter mit einem 20-Liter-Wasserkanister auf seiner Schulter musste an mir vorbei. Ich rückte nur ein wenig zur Seite und schrieb weiter. Mit einem Mal – höre ich hinter mir ein lautes Krachen und Poltern – ich springe auf und zur Seite – und im gleichen Moment zerschellt der schwere Kanister mit einem lauten Knall an der gegenüberliegenden Wand in mehrere Teile! Hätte ich nur einen Bruchteil einer Sekunde gezögert, hätte mich diese „Kanonenkugel“ am Kopf oder Rücken getroffen. Ich habe sooo ein wahnsinniges Glück gehabt!!!! Und dann ist es mir erstmal schlecht geworden und ich saß plötzlich auf dem nassen Boden. Ich habe mich dann aber auch schnell wieder „gefasst“ und mich seither mehrfach bei meinem „High-Speed-Schutzengel“ bedankt.

Mein Blutdruck war oben – mein Fieber gesenkt – und ich durfte, nachdem die letzte Infusion (von ??? – keine Ahnung wie vielen) durch war – nach Hause. Bezahlen sollte ich erstmal nichts, weil ich ja am nächsten Tag zur letzten Antibiotikum-Infusion wieder kommen sollte. Da sie keinen Ausweis von mir verlangt hatten, hat mich dieses Vertrauen doch sehr überrascht.

Ich stand lange vorm Krankenhaus und es war kein Tuk-Tuk in Sicht. Ich hab die Schwestern gefragt, ob sie eins für mich anrufen können – leider nur Kopfschütteln – aber sofort kam das Angebot – von einer von Ihnen – mich auf ihrem Motorroller zurück zu fahren. Ich werde mich hier aber wirklich nur im äußersten Notfall auf einen Rollen setzten und das war keiner 😉
Während ich also weiterhin auf ein Tuk-Tuk warte, wurden mehrere Leute aus dem Krankenhaus abgeholt. Mit Motorrollern! und mit einer Infusion im Arm! Sie halten die Flasche einfach hoch – steigen auf den Rücksitz und los geht’s – die sind hier nicht so verwöhnt wie wir – für die Leute hier ist sowas normal.

Zurück in meinem Zimmer, habe ich schnell geduscht und konnte mir endlich die Zähne putzen 😉 und dann habe ich mich schnell auf den Weg zum Kurs gemacht und so die letzte Vormittags-Stunde noch mitgekommen. Den Nachmittag habe ich dann aber leider nicht ganz durchgehalten. Ich bin früher gegangen, bin zur Apotheke gefahren, hab mir ein Fieberthermometer und Paracetamol gekauft, weil ich wieder hohes Fieber hatte. Erst abends habe ich mich an die Tabletten erinnert, die mir das Krankenhaus für den Tag mitgegeben hatte. Hab ich Schussel glatt vergessen.

Gestern, bin ich dann gleich morgens früh ins Krankenhaus gefahren. Am Vortag habe ich nicht hingesehen, als sie die Infusionsnadel legten. Ich war beruhigt, nachdem ich Plastikhandschuhe auf dem kleinen Tablett gesehen hatte. Diesmal beobachtete ich die Sache aber und war nicht wenig erstaunt, als ich sah, dass sie einen der Plastikhandschuhe zwar benutzte – aber nur um ihn kräftig um einen Unterarm zu wickeln um das Blut zu stauen. Sie desinfizierte die Einstichstelle aber lange und holte die Nadel aus einer neuen Verpackung.
Nach 45 Minuten war meine Infusion durch, dann noch ein kurzes Gespräch mit dem Arzt. Wobei, also, Gespräch ist vielleicht etwas übertrieben:
„Better?“
„Still pain“
„Feel better?“
„Yes“
„Sleeping – feel better!“

Auf zur Medikamentenausgabe und zur Kasse. Die Dame, die gerade noch ihre Hände in der großen Geldschublade hatte, richtete die Tabletten, die der Arzt mir verschrieben hatte. Sie brach sie aus den entsprechenden Blistern (?) heraus und sammelte sie in kleinen durchsichtigen Plastikbeuteln. Alle beschriftet mit – Wann zu nehmen – Wie viel zu nehmen – leider in Landessprache J

Das dauerte eine Weile und ich machte draußen eine kleine Zigarettenpause. Als ich zurückkam, wurde versucht mir alles zu erklären was auf den Tütchen stand. Aber das kam mir doch alles ziemlich viel vor – okay mit Typhus ist nicht zu spaßen, aber muss ich denn tatsächlich 8 verschiedene Medikamente nehmen? In dem Augenblick in dem sie mir noch 20 kleine Glasampullen über den Tresen schob, kam eine andere Schwester dazu, sprach in einer etwas gehobeneren Stimmlage – dann lächelten beide etwas „verschämt“, schoben alle Medikamente zur Seite, holten ein anderes Päckchen hervor und erklärten mir dann wie ich MEINE Medikamente nehmen soll!!  PUH!!!

Bezahlt habe ich 80 Euro. Ich wünsche mir, dass ich nicht nochmal dorthin zurück muss. Wobei ich sagen muss, dass wirklich alle – auch die andere Patienten – sehr freundlich waren.
Es war mal wieder ein Denkanstoß, wie gut wir es doch in der westlichen Welt haben und dass wir dankbar sein sollten.

Im Krankenhaus und auch von den Tuk-Tuk-Fahrern habe ich erfahren, dass zur Zeit viele mit Typhus infiziert sind. Es betrifft also nicht nur den Tempel. Hier weiß ich in den letzten 6 Wochen von dreien und die Symptome sind oft sehr unterschiedlich. 2 davon waren geimpft – jedoch wirkt die Impfung nur zu 50-60%. Eine überstandene Infektion sollte für einige Jahre Schutz bieten – in meinem Fall war die Zeit wohl schon abgelaufen.

Übertragen wird es durch verunreinigtes Wasser. Es kann sein, dass mir beim Duschen etwas Wasser in den Mund gekommen ist, dass ich ein verunreinigtes Glas benutzt habe, dass jemand beim Obst schälen noch nasse und nicht saubere Hände hatte. Es gibt ziemlich viele Wege.
Um das Risiko einer Ansteckung zu verhindern wird mein Geschirr und Besteck nach dem Benutzen abgekocht, muss ich beim Abfüllen von Wasser sehr vorsichtig sein und desinfiziere ständig meine Hände.

Heute ist der letzte halbe Kurstag! und ich bin froh, dass ich es geschafft habe nur 4 Stunden zu verpassen. Anfänglich dachte ich: “Das war’s jetzt – den Kurs kann ich knicken”
Doch ich bin echt stolz, dass ich die Power hatte, meinem Bedürfnis – mich einfach hinzulegen und auszuruhen – widerstanden habe.

ABER heute nachmittag!!! – da fang’ ich mit dem Ausruhen an :))))

ein paar Eindrücke vom Krankenhaus – hier