The Second Arrow (Der zweite Pfeil)

Umringt von Buddhismus, Lebensweisheiten und Life-Coaching möchte ich gerne folgendes Gleichnis mit euch teilen:

Der Buddha fragte einmal einen Schüler: „Wenn jemand von einem Pfeil getroffen wird, ist das schmerzhaft?“ Der Schüler antwortete: „Ja – ist es.“ Der Buddha fragte dann: „Und wenn ihn ein zweiter Pfeil dort trifft, schmerzt das dann noch mehr?“ Der Schüler erwiderte wieder: „Ja – tut es“
Der Buddha sagte darauf folgendes: „Im Leben können wir den ersten Pfeil nicht immer kontrollieren. Allerdings ist der zweite Pfeil unsere Reaktion auf den ersten. Und mit diesem zweiten Pfeil kommt unsere Freiheit der Wahl“

„Shit happens“ – und obwohl es sich wie „so daher gesagt“ anhört – steckt darin eine große Lebensweisheit. Es passieren Dinge, die wir nicht wollen und Menschen tun uns Dinge an, die wir nicht wollen. Das können wir nicht verhindern.

Wir fangen dann sehr schnell an uns nach den Gründen zu fragen, warum gerade uns das passiert und sehr schnell geben wir uns selbst die Schuld dafür: Tick ich nicht richtig? Was ist so falsch an mir? Ich muss besser werden. Ich bin nicht liebenswert. Ich bin nicht gut genug. Ich habe versagt.
Und genau das ist der zweite Pfeil!
Wir fangen an – um den ersten Pfeil herum – eine Geschichte aufzubauen – in unserem Kopf. Und dann noch eine und noch eine. Wir bauschen die Sache auf und denken ständig darüber nach. Wir wühlen sozusagen in der Wunde. Reicht denn der erste Schmerz nicht schon aus? Tat es noch nicht genug weh? Wir werden wütend, sind verletzt, verärgert, enttäuscht, verängstigt, frustriert. Es entsteht Groll manchmal sogar Hass und wir spinnen unsere Geschichten weiter Tag für Tag und manchmal sogar Jahr für Jahr. Immer wieder denken wir darüber nach. Es lässt uns einfach nicht los. Aber das alles ist nur in unserem Kopf! Das machen wir selbst!

Die Moral von der Geschicht‘?
Den ZWEITEN Pfeil erkennen! Und sich dem Muster dahinter bewusst werden. Erkennen, dass wir den zweiten Pfeil in der Hand halten und wirklich die Wahl haben ihn loszulassen oder ihn in unsere Brust zu rammen.

Aber das braucht Übung! Man kann ja mal im Kleinen anfangen; ich z.B. habe mich mal aus meiner Wohnung ausgesperrt und den Schlüssel innen stecken lassen. Reicht es nicht, dass ich einen Schlüsseldienst finden musste und Angst hatte wie viel das kosten würde? Nein! „Man bin ich blöd“, „Wie konnte mir das passieren“, „Kein Hirn im Kopf“ „Denk doch nach bevor du raus gehst, du blöde Kuh!“. Das alles musste ich noch oben drauf setzen.
Das kann wahrscheinlich jeder nachvollziehen. Aber habt ihr gemerkt WIE ich mit MIR rede? Wie WIR (überwiegend) mit UNS in unserem Kopf reden? Nett ist das ja gerade nicht! Ich bin 24 Stunden am Tag mit mir zusammen und finde es an der Zeit mal etwas freundlicher zu mir zu sein, etwas Mitgefühl zu zeigen. Was würde ich einem guten Freund in dieser Situation sagen? „Kein Hirn im Kopf, du blöde Kuh!“ – Nein, natürlich nicht! Ich würde sagen: „Jetzt ärger dich doch nicht so, du kannst es nicht ändern und das kann jedem Mal passieren!“ Nie im Leben würde ich die Dinge, die ich – in meinem Kopf – zu mir selbst sage, meiner besten Freundin sagen! Mit unserer Freundschaft wäre es schon längst vorbei!
Sollten wir nicht alle mal versuchen – für uns selbst, der beste Freund zu sein?

Wir können das „Außen“ nicht beeinflussen und auch nicht verhindern, dass uns der erste Pfeil trifft, aber wir können sehr wohl entscheiden wie wir in unserem Innern damit umgehen. „Shit happens“ – das tut oft sehr weh, aber es wird vorbeigehen und es wird sehr viel schneller vorbeigehen, wenn wir den zweiter Pfeil bemerken, ansehen und weg werfen.