Das Leben als Gast, das indische Essen und die indischen Einladungen

2016071321511000Die Vielfalt des indischen Essens werde ich hier wohl nicht kennenlernen. Aber ich wußte bevor ich hier her kam, dass ich in einfachen Verhältnissen leben werde. Meine Gastgeber sind Vegetarier und so wie ich das nach dieser kurzen Zeit beurteilen kann, gehören sie glaube ich der Mittelschicht in diesem Ort an.

Seit dem Chia weg ist – sitze ich bei jedem Essen alleine am Tisch. Manchmal essen die Kinder dann auch schon – aber sie sitzen im Schlafzimmer auf dem Bett und essen dort. Die Erwachsenen fangen erst an zu essen wenn ich gegangen bin (das weiß ich weil ich dann manchmal noch meine Wasserflasche auffülle).


Bei Usha sind immer soviele Leute im Haus, dass ich mir die Namen überhaupt nicht mehr alle merken kann. Irgendwie sind sie alle miteinander verwandt. Die Frauen können erst essen wenn alle anderen mit dem Essen fertig sind, denn sie müssen ja in der Küche für den, eventuell notwendigen Nachschub sorgen. Sie rennen hin und her während die Kinder essen – und „horchen“ aufs Wort. Sehr freundlich hört sich das für mich nicht an wenn die Kleinen (zwei Jungs) ein Wort rufen und die Mutter mit einem neuen Schälchen kommt. Auf keinem der Teller bleibt auch nur ein einzelnes Reiskorn übrig.

Aber damit habe ich zu kämpfen – bei jeder Mahlzeit! Es ist sehr unhöflich etwas übrig zu lassen und ich habe nach einigen „Fehlversuchen“ darum gebeten mir doch bitte weniger zu geben. Wenn ich jetzt meinen Teller sofort wieder in die Küche trage und sie bitte die Hälfte runter zunehmen – nehmen sie 2 Löffelchen – gucken mich traurig an und fragen mich ob mir das Essen denn nicht schmeckt.

20160712073643002016071207364200Hier die zwei Frühstücksvarianten:
Prantha plain (aus Weizen) oder Prantha (aus Weizen und Kartoffeln) beides ölig – mit Ketchup, oder Butter und einmal und wirklich nie nie wieder mit Mixed Pickle. Ich habe nur ein klein wenig von der Sauce probiert – ich war soo froh, dass Uscha mich vorgewarnt hat, denn schon ein Tröpfchen von der Sauce ließ mich „Feuer speien“.
(Im Allgemeinen kann ich die leichte Schärfe ganz gut vertragen – wenn ich nicht gerade auf eine Chilischote beiße – aber das ist noch nicht so oft passiert).

Mittagessen:

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Hier besteht die „Variation“ aus Sauce mit Hülsenfrüchten (keine Ahnung welche) oder Sauce ohne2016071207364100

 

 

 

 

 

 

 

Abendessen
Pita, gekochtes Gemüse meistens mit Kartoffeln gemischt, Sauce und eine Art Joghurt – manchmal auch mit Gurke drin.

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Zu trinken gibt es sehr süßen Tee mit Milch und Wasser. Etwas anders habe ich hier im Haus noch nicht gesehen.

2016071321455600Beim Wasser war ich zuerst ängstlich, aber da Chia das Wasser aus dieser Filteranlage gut vertragen hat, habe ich es auch gewagt und die Maschine scheint gute Arbeit zu leisten. Also kein Problem.

 

Ich werde oft zu Leuten zum Tee eingeladen. Manchmal sind es die Kinder aus der Schule, die ihren Eltern von mir erzählen und dann hier vorbei kommen und mich einfach mit zu sich nach Hause schlepppen.
Oder ist es ein Onkel, eine Nichte oder ein Cousin vom Schwager, der/die mir ihre Wohnung oder ihr Haus zeigen wollen.

Bei einer Einladung zum Abendessen „unterhält“ man sich (falls es eine gemeinsame Sprache oder einen Übersetzer gibt) vor dem Essen. Das gibt es vorm Schlafengehen also so zwischen 21:15 und 21:45.

Die Nachbarin hat mich zum Dinner eingeladen und auch da saß ich sobald es was zu essen gab alleine am Tisch.
Die Frau selbst spricht kein Wort Englisch – aber die zwei kleinen Kinder wenigstens ein paar Wörter. Also „entyspannend“ ist das nicht – zumal ich obwohl ich immer sage, dass ich nicht viel essen möchte – am Schluß wirklich nur noch in mich „reinstopfe“!
Problematisch ist immer das Nachfragen der „Wasserqualität“. Überall wird mir Wasser angeboten und ich muss ablehnen wenn es nicht gefiltert ist – was einige Inder nicht sofort verstehen können.
Nach dem Essen ist das dann eine komische Situation. Sofort gehen – wäre ja bestimmt unhöflich, aber andererseits wollen meine Gastgeber auch auch mal essen.
2016071216530400Bei der nächsten Einladung war Naveen dabei – wenigstens schon mal gute Aussichten nicht alleine am Tisch zu sitzen. Die kleine Milli (eine Schülerin, in die ich mich inzwischen verliebt habe) hat ihrem Eltern keine Ruhe gelassen, bis sie alle zusammen abends vor meiner Tür standen und mich für den nächsten Abend eingeladen haben. (das war der erste Überraschungsbesuch an meiner Tür – ich habe mich mehrfach mit irgendwelchen Ausreden entschuldigt warum ich sie nicht herein bitten kann —- ich hatte doch gerade eine geraucht!)

Sie leben in einem kleinen Häuserblock 2 min von hier in einer kleinen Wohnung. Ich war froh das Naveen dabei war – denn ich konnte den Vater, der demnächst die Lehrer in englischer Aussprache unterrichten soll – kaum verstehen.
Diese Einladung war mal wieder sehr besonders, denn sie hat mir ein weiteres Mal die Gastfreundschaft dieser armen Menschen sehr deutlich vor Augen geführt. Nachdem mich alle Nachbarskinder und deren Mütter herzlich begrüßt hatten, habe ich mir das (geschaetzt) 10 kg-schwere Hochzeitsfotoalbum angesehen. Dann eine „Führung“ durch die kleine Wohnung – ich hätte ja zu gerne Bilder gemacht – habe mich aber nicht getraut. Natürlich ein Luxus Anwesen gegenüber Anitas Haus – sie haben 2 Zimmer und eine Terrasse – und auch weitere kleinere Bewohnern, die immer mal wieder auf dem Boden oder an Wänden zu sehen waren.

Das gesellschaftliche Leben der Inder findet oft auf dem Bett statt deshalb wurde Naveen und mir das Essen auch dort serviert. Nachdem alles aufgetragen war haben sich der Vater und Milli gegenüber auf 2 Stühle platziert, die Mutter blieb im Türrahmen stehen und der Sohn saß auf einem kleinen Holztisch. Sie hatten uns ein richtiges Festmal bereitet. Jeder von uns hatte 5 Schüsselchen mit unterschiedlichen Köstlichkeiten und obwohl sie selbst keine Eier essen hatten sie uns sogar Rührei gemacht und natürlich darf Pita nicht fehlen.
Während wir aßen – bekam der kleine Junge sein Essen. Reis mit Sauce! Ihr hättet seine Augen sehen sollen – wie oft er zu uns rüber gesehen hat und als er seinen Vater auf Hindi etwas fragte indem ein Wort ähnlich wie „Cucumber“ vor kam – schob ich den Teller mit den Gurken rüber und nickte. Er nahm sich eine! Gurkenscheibe von meinen 20!
Und auch Milli konnte ich ansehen, dass sie Hunger hatte und das sie das – was da fast zum Greifen nahe vor ihr stand nicht sehr oft zu sehen bekam – geschweige denn zu essen.

Ich habe den Löffel nur benutzt um etwas aus den Schüsselchen rauszuholen und sonst wie hier üblich mit der rechten Hand gegessen – in der Hoffnung, dass sie die Reste später selber essen würden.
Natürlich habe ich versucht etwas übrig zu lassen, aber dabei nicht den Anschein zu erwecken, dass es mir nicht schmecken würde.
Und als ich gerade dachte ich würde dem „vollstopfen“ dieses mal entgehen hatte ich eine riesen Portion Reis auf dem Teller.